Sternsinger – die abgeholte Aufklärung

am Beispiel der katholischen Sternsinger-Aktion 2017
„Gemeinsam für Gottes Schöpfung“

Was tun, wenn ein Grüppchen als Könige verkleideter Kinder an der Türe klingelt, aufgeregt ein Sprüchlein aufsagt, ein Lied trällert und gegen eine geringe Spende für einen unterstützenswerten Zweck die Türzarge mit christlichen Segenssymbolen beschriften will?

Klar: Lächeln, das Engagement der Kinder wohlwollend und freundlich würdigen, spenden, Süßigkeiten verteilen. Wer sich mit der christlichen Tradition und Botschaft wohl fühlt, für den ist dieses Ritual eine willkommene Gelegenheit den eigenen Glauben in netter Weise zu bestärken.

Was tut aber der Atheist, Humanist, Freigeist oder Agnostiker? Die Kinder schimpfend davonjagen? Ihnen den Glauben ausreden? So tun, als hätte man das Klingeln nicht gehört?

Ich mag Freundlichkeit, Kinder und soziales Engagement. Ich halte nichts vom christlichen Glauben und schon gar nichts von der frühen Indoktrination von Kindern mit Glaubensinhalten. Skeptisches, selbstständiges Denken ist eine wichtige Fähigkeit, die erlernt werden muss. Darum sehe ich es als schöne Gelegenheit, dass sich katholische Kinder am Dreikönigstag (6. Januar) ihre Aufklärung an unseren Haustüren abholen.

Wie könnten also die kleinen Könige einerseits Wertschätzung und andererseits einen angemessenen Denkanstoß erhalten?

Einerseits bietet die Haustürmission der Kleinen einen gut geeigneten Rahmen für kleine Dialoge, außerdem können rituell Aufmerksamkeiten und Anregungen getauscht werden.
Vorschläge für eine freundlich-skeptische Ansprache:

Schön, dass ihr als Sternsinger bei mir vorbei kommt! Ich freue mich darüber, dass ihr über die Sterne nachdenkt und sprecht. So wie die drei Könige aus der biblischen Geschichte haben schon viele Menschen vorher (z.B. Griechen, Polynesier usw.) und viele Menschen nachher (moderne Wissenschaftler) den Sternhimmel beobachtet und erforscht. Einige haben nur gestaunt und Geschichten dazu erfunden – so wie heute die Astrologen mit ihren blödsinnigen Horoskopen. Andere haben versucht Erklärungen zu finden, haben Experimente gemacht und sind schließlich sogar ins All geflogen. Im Mittelalter haben die damaligen Wissenschaftler zum Beispiel fest gestellt, dass sich die Erde um die Sonne dreht. Das war zwar gegen die damalige Meinung der Kirche und man wurde sogar bestraft, wenn man das behauptet hat. Aber man konnte schließlich beweisen, dass es stimmt.
Hier habe ich Flyer von einer Sternwarte bei uns in der Nähe. Wenn ihr mehr über die Wissenschaft der Sterne (Astronomie) wissen wollt, könnt ihr dort durch ein starkes Teleskop selbst andere Planeten oder Sterne beobachten und euch überlegen, wie die Dinge im Universum zusammenhängen.

Ihr seid wirklich Königinnen und Könige! Ich finde, ihr Kinder seid die Leute auf die wir Erwachsenen achten müssen. Wir müssen heute kluge Entscheidungen treffen, damit ihr es auf der Welt gut haben könnt und eure Kinder später auch. Das ist beim Klima so, aber auch bei vielen anderen Fragen. Darum ist es gut, dass ihr euch für andere Menschen und Umweltschutz einsetzt, dass es euch nicht egal ist, wie es Menschen in anderen Ländern geht! Ihr handelt als Menschen für Menschen, das ist wichtig. Ich finde, auf Gott kann man dabei gut verzichten. Es kommt darauf an, was wir Menschen tun.

Mögliche Antwort auf die Frage, ob man die Hautüre verzieren lassen will:

Nein danke, ich bin überhaupt nicht abergläubisch. Freitag der 13., schwarze Katzen von links oder rechts, Gebete oder Segenssprüche machen für mich keinen Unterschied, darum will ich auch kein Symbol an meiner Tür.
Niemand kann in die Zukunft sehen, darum kann man sich auch nie sicher sein wie es im neuen Jahr wird. Wir können aber nachdenken, forschen, unsere Erfahrungen auswerten und klug handeln So werden die Dinge besser, als wenn wir Angst haben und uns auf höhere Mächte, Magie oder Götter verlassen.

Auf die Spendenanfrage:

Ich spende gerne etwas, weil ich es wichtig finde, dass sich Menschen gegenseitig helfen. Weil das Kindermissionswerk, für das ihr sammelt, geprüft wurde und ein Spendensiegel hat (dzi) gebe ich euch gerne etwas Geld.

Ich spende gerne etwas für die Menschen in Kenia, aber nicht über die katholische Kirche. Die Kirche ist so reich, dass sie zuerst ihr eigenes Geld mit den Armen teilen soll. Meine Spende zahle ich lieber über die Humanisten, das Rote Kreuz, … Mir ist auch wichtig, dass nicht nur Christen oder Menschen in christlichen Organisationen von dem Geld profitieren, sondern alle Menschen die in Not sind, ganz egal welche Religion sie haben.

Ihr sammelt das Geld um Leuten zu helfen, die unter dem Klimawandel leiden. Ich finde, man kann daran sehen, dass wir Menschen auf die Erde und auf die Folgen unserer Lebensweise achten müssen. Wir können uns nicht darauf verlassen, dass Gott seine Schöpfung schützt – ich glaube nicht an Gott und die Schöpfung, aber daran, dass Menschen sich gut verhalten können, wenn sie wissen um was es geht. Das kann man an euch und an vielen Menschen sehen, die sich für Andere engagieren und das freut mich sehr. Ich danke euch (und spende auf folgende Weise ….)!

Als möglicher Abschied:

Hier habe ich ein paar Kekse für euch gebacken: Es sind Dinosaurier, Sterne und Herzen. Lasst sie euch schmecken und wenn ihr wollt, könnt ihr über Evolution (Dinos), die Wissenschaft (Sterne) und über Mitmenschlichkeit (Herzen) nachdenken, etwas lernen und darüber sprechen. Wir brauchen keine Bibel oder Gott um gute Menschen zu sein. Ich freue mich, wenn ihr nächstes Jahr wieder kommt!

Erfahrungsgemäß stehen hinter den Kindern ein paar Eltern, die ebenfalls potentielle Adressaten von Aufklärung sind. Hier wäre günstig ein paar Anregungen zur ethischen Erziehung, ohne christliches Moralisieren, zur Verfügung zu haben.

Wichtig finde ich, jede Form der Ablehnung klar zur Kenntnis zu nehmen („ich merke ihr/Sie mögt/mögen meine Meinung dazu nicht hören. Das ist in Ordnung, ich will niemanden missionieren oder überzeugen.“) und sich freundlich zurück zu ziehen.